Das Bundesfinanzministerium präzisiert die Anforderungen für die Umsatzsteuerbefreiung der Verwaltung von Investmentfonds

 
December 18, 2017

Im Rahmen des Investmentsteuerreformgesetzes1 wurde mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 auch die Umsatzsteuerbefreiung der Verwaltung von Investmentvermögen u.ä. neu gefasst. Die gesetzliche Regelung zieht zahlreiche praktische Anwendungsfragen nach sich. Mit dem BMF-Schreiben vom 13. Dezember 20172 stellt die Finanzverwaltung ihre Sichtweise zur Auslegung der neuen Vorschrift vor, indem sie die maßgeblichen Regelungen in Abschn. 4.8.13 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) überarbeitet. Der Schwerpunkt der Änderungen betrifft die Konkretisierung des sachlichen Anwendungsbereichs der Steuerbefreiung, also die Frage, welche Investmentvermögen von der Steuerbefreiung profitieren. Positiv sind dabei die Sonderregelungen für Spezial-Investmentvermögen herauszuheben. 

Neufassung der gesetzlichen Umsatzsteuerbefreiung 

Unter dem bis Ende 2017 geltenden Recht ist die Verwaltung von Investmentfonds i.S.d. Investmentsteuergesetzes (InvStG) und von Versorgungseinrichtungen i.S.d. Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) umsatzsteuerfrei. Das Umsatzsteuerrecht nimmt damit auf die geltenden strengen investmentsteuerrechtlichen Anwendungsvoraussetzungen (§ 1 Abs. 1b InvStG) Bezug. Damit sind insbesondere geschlossenen Investmentvermögen, Private Equity Fonds und Erneuerbare Energien Fonds regelmäßig die Vorteile der Steuerbefreiung versagt. Für vor dem 24. Dezember 2013 errichtete Investmentvermögen gelten besondere Übergangsfristen (vgl. § 22 Abs. 2 InvStG). 

Der (im Hinblick auf europarechtliche Vorgaben kritisch gesehene) Verweis auf die investmentsteuerrechtlichen Regelungen entfällt ab dem 1. Januar 2018. Stattdessen ist die Steuerbefreiung künftig an das Vorliegen bestimmter Fondstypen nach den aufsichtsrechtlichen Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) gebunden. Danach ist die Verwaltung von Organismen zur gemeinsamen Anlage in Wertpapieren (OGAW) i.S.d. § 1 Abs. 2 KAGB sowie von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds (AIF) i.S.d. § 1 Abs. 3 KAGB umsatzsteuerbefreit. Die Steuerbefreiung der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen i.S.d. VAG bleibt unverändert bestehen. 

Für den nach der gesetzlichen Neuregelung erforderlichen Typusvergleich verweist die Gesetzesbegründung3 auf die im Rahmen der EuGH-Rechtsprechung4 zur Auslegung des mehrwertsteuerrechtlichen Begriffs des Sondervermögens i.S.d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL)5 entwickelten Kriterien. 

Konkretisierung des sachlichen Anwendungsbereichs der Steuerbefreiung 

Die Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von OGAW erzeugt keine grundsätzlichen Auslegungsfragen. Entscheidend ist hierfür allein die Erfüllung der einschlägigen aufsichtsrechtlichen Bedingungen. 

Die Verwaltung von AIF soll nach den nun veröffentlichten Anwendungsbestimmungen dagegen nur umsatzsteuerfrei sein, wenn folgende Kriterien kumulativ erfüllt werden6

  1. Der AIF unterliegt einer vergleichbaren besonderen staatlichen Aufsicht; dies sei bei AIF im Anwendungsbereich des KAGB gegeben. 
  2. Der AIF spricht den gleichen Anlegerkreis wie OGAW (Kleinanleger) an (vgl. zu den Sonderregelungen für Spezial-Investmentvermögen untenstehend). 
  3. Der AIF unterliegt den gleichen Wettbewerbsbedingungen (vergleichbare Pflichten und Kontrollen) wie OGAW. 
  4. Der AIF hat Anteilsrechte an mehrere Anleger ausgegeben (vgl. zu den Sonderregelungen für Spezial-Investmentvermögen untenstehend). 
  5. Der Ertrag der Anleger hängt von den Ergebnissen der Anlage des Investmentvermögens ab. 
  6. Die Anleger partizipieren an Gewinnen des AIF sowie an Wertsteigerungen ihrer Anteile und tragen die Risiken der Kapitalanlage des Investmentvermögens. 
  7. Der AIF investiert im Einklang mit dem Grundsatz der Risikomischung. Dies gilt regelmäßig als erfüllt, wenn der AIF unter Beachtung der aufsichtsrechtlichen Anlagefristen in mindestens drei Vermögensgegenstände mit unterschiedlichen Anlagerisiken investiert ist. 


Nach den strengen Anwendungsvoraussetzungen der Finanzverwaltung kann bereits die Nichterfüllung nur eines der vorgenannten Kriterien zum Ausschluss der Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung führen. 

Sonderregelung für Spezial-Investmentvermögen 

Für institutionelle Investoren aufgelegte Spezial-Investmentvermögen dürften die o.g. Kriterien oftmals nicht vollständig erfüllen. Um diese – bestandswahrend – weiterhin in dem Anwendungsbereich der Umsatzsteuerbefreiung zu belassen, trifft die Finanzverwaltung eine Sonderregelung: Offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen i.S.d. § 284 KAGB sowie vergleichbare ausländische AIF profitieren auch dann von der Steuerbefreiung, wenn sie die o.g. Kriterien 2 bis 4 nicht erfüllen.7 

Offene Fragen und Problembereiche 

Die neuen Verwaltungsregelungen sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Rechtsunsicherheiten aus der gesetzlichen Neuregelung werden durch die Vorgabe (mehr oder weniger) konkreter Prüfungskriterien reduziert. Die Sonderregelung für offene Spezial-Investmentvermögen trägt den Anforderungen der Marktteilnehmer Rechnung und hält den umsatzsteuerlichen Status quo in diesem Bereich aufrecht. Auch die Tatsache, dass die Umsatzsteuerfreiheit der Verwaltung geschlossener Investmentvermögen (bei Erfüllung der allgemeinen Anwendungsvoraussetzungen) von der Finanzverwaltung anerkannt wird8, ist positiv hervorzuheben. Allerdings wird insbesondere die Frage des Vorliegens vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen durch die Finanzverwaltung nicht eindeutig beantwortet. 

Unbefriedigend ist dagegen, dass die Finanzverwaltung auf eine kumulative Erfüllung aller der von ihr aufgeführten Anwendungskriterien besteht. Dies dürfte insbesondere bei Publikums-AIF erhebliche Unsicherheiten bei der Anwendung der Steuerbefreiung mit sich bringen. Zudem birgt eine strenge Anwendung des o.g. Prüfkatalogs stets die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer, wenn nämlich miteinander im Wettbewerb stehende Investmentvermögen umsatzsteuerlich unterschiedlich behandelt werden. Vor diesem Hintergrund sind künftige Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung über die konkrete Anwendung der Steuerbefreiung zu erwarten. 

Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die Frage des Anwendungsbereichs der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentfonds gegenwärtig auch auf der Agenda des Mehrwertsteuerausschusses der EU befindet. Zudem ist derzeit ungewiss, wie sich die Rechtsprechung von EuGH und BFH in diesem Bereich weiterentwickeln wird.9 Insofern ist das aktuelle BMF-Schreiben wohl nur eine Etappe einer weiterführenden Entwicklung. Im Zweifelsfall sollte gegenüber der Finanzverwaltung unter Verweis auf die Rechtsprechung des EUGH auf eine weite Auslegung der Steuerbefreiung gedrängt werden. 

Wegen verbleibender Unsicherheiten dürften jedoch bis auf weiteres ausländische Fondsjurisdiktionen ihre – auch umsatzsteuerliche – Attraktivität behalten. 

Fußnoten 

1) Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung vom 19. Juli 2016, BGBl. I 2016, S. 1730.
2) BMF-Schreiben vom 13. Dezember 2017 – III C 3 – S 7160-h/16/10001.
3) BT-Drs. 18/8045, S. 141.
4) Vgl. insbesondere EuGH-Urteil vom 9. Dezember 2015 – C-595/13 – Fiscale Eenheid X, MwStR 2016, S. 109.
5) Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006.
6) Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 8 Satz 4 UStAE n.F.
7) Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 9 Satz 1 UStAE n.F.
8) Vgl. auch Abschn. 4.8.13 Abs. 9 Satz 2 UStAE n.F.
9) Vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 26. Juli 2017 – XI R 22/15, BB 2017, S. 2469 zur Steuerbefreiung der Verwaltung von Unterstützungskassen.

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